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Die TCR-Diät: Was isst man eigentlich während eines 4000-Kilometer-Transkontinental-Rennens?

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Die TCR-Diät: Was isst man eigentlich während eines 4000-Kilometer-Transkontinental-Rennens?

Die TCR-Diät: Was isst man eigentlich während eines 4000-Kilometer-Transkontinental-Rennens?

Catherine

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13. September 2023

Das Transcontinental Race (TCR) ist ein „self-supported“-Radrennen. Vom Start weg und dann quer durch Europa sind alle Teilnehmenden auf sich allein gestellt. Wer das Ziel in der vorgegebenen Zeit erreichen will, muss im Schnitt über 200 Kilometer zurücklegen – täglich.

Kannst du dir vorstellen, wie viel man essen muss, um Tag für Tag über 200 Kilometer zu überstehen – und das über eine Woche hinweg? Ich schon – und als jemand, der sich nach jeder Mahlzeit direkt auf die nächste freut, kam mir das wie eine durchaus verlockende Herausforderung vor .

Einen ganzen Kontinent zu durchfahren, dürfte harte Arbeit werden – das war mir natürlich bewusst, aber die Aussicht auf die vielen, vielen lokalen Spezialitäten, die überall vor Ort schon auf mich warteten, konnte mich schnell davon ablenken.

Derart auf den Geschmack gebracht, konnte ich mein Gespräch mit Jesko kaum erwarten. Jesko ist Redakteur im komoot Collections-Team. Er hatte gerade selbst das TCR 2023 beendet, und ich wollte einfach alles von den unzähligen kulinarischen Abenteuern entlang seiner Route hören.

Immerhin zwei Minuten dauerte unser Gespräch dann – bevor mir jegliche Illusion genommen wurde.

Essen – wie ein allein zu Hause gelassener Teenager

Iss, was du kriegen kannst. Kalorien! Alles, was da ist. Hauptsache, gut verdaulich. Tankstellen! … Soweit meine Notizen aus der ersten Hälfte unseres Gesprächs.

Schnell stellte sich heraus, dass all das, was ich mir als den spaßigen Teil vorgestellt hatte – Streetfood, Lokale Gaumenfreuden – exakt die Dinge sind, die erfahrene Ausdauerfahrer:innen nach Möglichkeit tunlichst meiden. Unterwegs bleibt wenig Zeit für ein Tellergericht und wirklich überhaupt keine Zeit für Verdauungsprobleme durch ungewohntes Essen.

Von wegen, kulinarisch-kulturelle Abenteuer – Jesko beschrieb seinen TCR-Speiseplan eher als etwas, das von einem Teenager zusammengetragen wurde. Und zwar von einem, den man länger allein zu Hause gelassen hat. Mit einem kleinen Hauch von Scham (seine Wortwahl), gestand er, dass er die 13 Tage auf dem Rad wohl nur durch Süßigkeiten, Chips und Kekse überlebt habe (Zucker und Salz im Verhältnis 1:1 stellte sich dabei schnell als ausgewogene Ernährung heraus). Selbst belegte Stullen galten schon als Luxusgut.

Allmählich fingen die Dinge an, Sinn zu ergeben. Allerdings möchte ich an dieser Stelle auch etwas gestehen: Ich war nicht ganz so naiv, wie ich es in der Einleitung vielleicht dargestellt habe.

Im Laufe der Jahre habe ich schon einige Bilder gesehen und viele Geschichten gehört: von Fahrer:innen, die sich auf solchen Ausdauerrennen – aufgrund von Sprachbarrieren und geringer Auswahl – zu „Überraschungsessen“ haben hinreißen lassen.

Als ich jedoch die aktuellen TCR-Pressefotos von der Verpflegung durchsah, stieß ich überall auf Fotos von Keksen in Cockpit-Bags und Chipstüten in Trikot-Taschen. Aber nirgends Bilder von bunt-behelmten Fahrer:innen, die schwer identifizierbares Streetfood in ihre sonnenverbrannten Münder schoben. Ich hatte also Fragen.

Die richtigen Strategien, um richtig viel zu essen

Ein Kollege, begeisterter Läufer, wies mich beim Gespräch mal auf ein Meme hin, das er vor einiger Zeit entdeckt hatte: Der Läufer aus dem Leichtathletikverein plante seine Versorgungsstrategie Kilometer für Kilometer mit wissenschaftlicher Präzision, während der Ultra-Trail-Läufer alle Ernährungsregeln mit ultra-kalorienreichen Kreationen über den Haufen warf. Es war eine Käse-Tortilla, getaucht in Hühnersuppe – wenn ich mich recht erinnere.

Das brachte mich zum Nachdenken: Zwar hatte ich schon Leute über die Bedeutung komplexer Routenplanung reden hören und Fotos von Leuten gesehen, die mitten in einem Kreisverkehr biwakierten oder unter Rettungsdecken am Straßenrand nächtigten (und natürlich habe ich mich gefragt, ob ich den Mut dazu hätte. Antwort: definitiv nicht), aber dem Thema Essen hatte ich nie sonderlich viel Aufmerksamkeit geschenkt. Jetzt allerdings, angesichts all dieser ganzen Fotos von Knabbereien, war meine Neugier endlich geweckt.

Im Internet hat mir jemand erzählt, dass das Verbrennen so vieler Kalorien einfach ständiges Essen erfordert. Langstrecken-Radrennen würden sich deshalb eher wie Esswettbewerbe anfühlen. Jesko stimmte dem zu:

„… Ich wollte so viel Zeit wie möglich sparen, also habe ich versucht, so viele Kalorien wie möglich auf einmal zu mir zu nehmen. Ich suchte nach Orten, an denen ich beides, Getränke und Essen, finden konnte. Und weil ich nur begrenzten Platz auf meinem Rad und in meinen Taschen hatte, habe ich allein auf die Kalorien geachtet.“

Nur auf Kalorien achten … aha! Mir dämmerte, dass Frühstück, Mittagessen und Abendessen wohl auch keine Kategorien sind, in denen man unterwegs denkt. Zustimmendes Nicken. „Meine Uhr piept, also esse ich wohl noch ein paar Kekse“, beschrieb Jesko mir seine Tischzeiten – wenn man das überhaupt so nennen kann. Die Monotonie seiner Nahrungsaufnahme wurde eigentlich nur dann durchbrochen, wenn sein Körper auf Autopilot schaltete und ihn auf mysteriöse Weise zum Kühlregal führte, wo er sich einen Joghurt oder eine Milch schnappte, alles hinunterschlang oder -schüttete – und seinen Weg fortsetzte.

Essen kann extrem emotional sein

Ernährung scheint bei den meisten Ultra-Radrennen also reine Zweckmäßigkeit zu sein: Sogar Menschen, die sich daheim als Feinschmecker rühmen, beschränken sich hier auf blanke Kalorienzufuhr – auf Essbares, das irgendwo in die Bikepacking-Ausrüstung passt. In den seltenen Fällen, in denen Essen doch mal eine Bedeutung jenseits von „Kalorien“ bekommt, können die Reaktionen aber völlig unverhältnismäßig ausfallen: So erzählte mir mal ein anderer Kollege, der vor ein paar Jahren die TCR absolviert hat, wie er an einer Tankstelle mit den Tränen kämpfen musste – nur weil der gekaufte Joghurt keinen Löffel hatte.

Ich hab selbst einige herausfordernde Fahrten hinter mir (wenn auch nicht gegen die Uhr), kann also gut nachempfinden, wie sich der Zustand anfühlt, in dem jede Kleinigkeit wie eine ganz große Sache wirkt. Ich verstehe auch das Bedürfnis, die Ressourcen einzuteilen und alle Energie allein aufs Vorwärtskommen zu verwenden.

Nach diesen Gesprächen erscheint es mir von außen betrachtet so, dass es bei diesen Abenteuern eher darum geht, wohin dein Geist wandert, als darum, wohin dein Körper (insbesondere dein Magen) sich bewegt. Aber selbst jetzt, wo klar ist, dass das Rennen über einen Kontinent eher keine Schlemmerreise ist: so ganz von den kulinarischen Gedanken kann ich nicht lassen.

Immer wieder muss ich an das Meme denken: Energy-Gel vs. Quesadilla. Dazu dann noch Jeskos TCR-Speiseplan (Kekse und Chips) und meine Wahl ist klar: Ein Quesadilla, bitte, getaucht in Hühnersuppe.

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Bildnachweise (von oben links nach unten rechts): Header: Tomás Montes; Foto 1: Charlotte Gamus; Foto 2: Bea Berlanda; Foto 3: Charlotte Gamus; Foto 4: Tomás Montes; Foto 5: Tom Gibbs; Foto 6 & 7: TCR media; Foto 8: Charlotte Gamus

Text von Catherine Sempill

Catherine ist Content Managerin für das komoot Adventure Hub. Sie ist in Südafrika aufgewachsen und erkundete schon als Kind gern die weite und wilde Natur. Mittlerweile lebt sie in Großbritannien und wandert, radelt oder läuft durch die englische Landschaft. Und das in einem außergewöhnlich entspannten Tempo.

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